Film über die Lausitz und ihre Landschaften regt in Langengrassau zur Diskussion an
„Lausitzer sind Tiefwurzler“, das hat Regisseur Bernhard Sallmann bei seinen Begegnungen mit den Menschen der Region erfahren. Geschunden und verletzt vom jahrzehntelangen exzessiven Abbau der Braunkohle, wie die Landschaft, in der sie leben.
Und doch haben sie sehr konkrete Vorstellungen über die Zukunft. „Träume der Lausitz“ hat der Österreicher seinen dritten Dokumentarfilm über die Region überschrieben. Eine Herzenslandschaft ist sie ihm inzwischen geworden, sagt er.
Ins Kirchenkino Langengrassau sind 40 neugierige Lausitzer gekommen, um sich den Film anzuschauen. Sie erkennen die Orte: den Steg am künftigen Ilse-See, der noch auf der Wiese steht, den Findlingspark in Nochten, die Marina am Schlabendorfer See, die Gartenstadt Marga, die Biotürme in Lauchhammer, die Neubaublöcke in Hoyerswerda, den aktiven Tagebau und die von ihm hinterlassene vegetationslose Weite, in der ein kräftiger Wind schon einen Sandsturm auslöst - aber auch den Wald, der sich allmählich auf solchen Arealen entwickelt. Tiefe Wurzeln müssen die Bäume bilden, wollen sie sich dauerhaft behaupten.
An die Ohren der Zuschauer dringt das lang vertraute Quietschen der Fördertechnik. Aber auch das Zwitschern der Vögel hören sie, den Ruf der Gänse, die zum Schlafplatz fliegen, ebenso das Pfeifen und Wummern der landschaftsgestaltenden Technik. Im Gegensatz dazu die Stille. In dieser ruft ein Mensch den Wolf.
Verwoben mit dieser Landschaft sind die Menschen, die hier auf unterschiedlichste Weise leben und wirken. Sie sprechen darüber, worin und wie sie die Zukunft der Lausitz sehen. So ist der Landschaftsgestalter zu erleben, der in Findlingen Figuren sieht, sie wohlbedacht platziert hat, und über Alleen und Pücklersche Parkgestaltung trefflich philosophiert.
Ein junger Mann führt Besuchergruppen durch die neu entstehende Landschaft und zeigt ihnen Spuren der Wölfe. Ein heute arbeitsloser Ingenieur, der sich mit den Verhältnissen arrangiert hat und sich mit seiner Amateurfunkstation die Welt nach Hause holt, geht nachmittags zum Tanz mit der Freundin.
Ein Visionär, der zehn Jahre lang eine Internationale Bauausstellung geleitet hat, sieht hier eine Ideenschmiede für schwimmende Architektur und ein Eldorado für Wassersportler. Und ein Bauer, der geblieben ist, weil er schon heute sieht, dass es wieder Wälder geben wird, wo die Bagger tiefe Krater und leblose Halden hinterlassen haben.
Jeder im Kinosaal in der Pfarrscheune erlebt diesen Dokumentarfilm anders, verknüpft damit seine eigenen Erlebnisse. So entwickelt sich im Anschluss eine lebhafte und sehr persönliche Gesprächsrunde mit dem Regisseur Bernhard Sallmann über Perspektiven der Region.
»Wir haben darum gekämpft, dass Sallgast und die umliegenden Dörfer stehen bleiben«, sagt der Bettener Michael Wolf, der deren Zukunft schon wieder in Frage gestellt sieht. Deshalb sei es für ihn ein Widerspruch, einerseits zu sehen, wie mit der Landschaftsgestaltung die Wunden geheilt werden.
»Andererseits reißt der weiterführende Tagebau wieder neue Wunden auf.« Das lasse ihn wenig optimistisch in die Zukunft blicken. Ingrid Mattuschka aus Weißack hat sich den Film zum zweiten Mal angeschaut. »Es ist gut, dass der Film ohne Musik gemacht ist und auf die Töne der Landschaft setzt.
Insgesamt strahlt der Film schon Optimismus aus, denn wo alles mal kaputt war, kommt etwas Neues durch«, gibt sie ihren Eindruck wieder. Dass im Film junge Menschen nur selten zu sehen sind, fällt besonders den Jüngeren auf. »Wenn sie herkommen, dann bringen sie sich anders ein, als beispielsweise der Bauer, der im Wald sein Holz macht«, erklärt der Luckauer Marco Bräunig.
Ansatzweise werde dies deutlich. Für junge Menschen sei es schwierig, in der Lausitz optimistisch in ihre Zukunft zu sehen, »weil keiner weiß, ob er mit seinem Beruf hier einmal sein Geld verdienen kann«, bringt die Abiturientin Maria Schulze aus Zöllmersdorf die Situation auf den Punkt.
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